Baumhaus als Gegenentwurf

Das Tiny House, das auf den Namen Bert hört, wurde wie ein Baumhaus als Gegenentwurf zu den Landschaft fressenden Chaletdörfern konstruiert. Ausgangspunkt des Konzepts war die Überlegung, möglichst wenig Boden zu versiegeln. Die Verbindung zum Boden ist ein Stamm einem Durchmesser von 3,6 Metern, in einigen Metern Höhe liegt eine Querröhre mit großen Fenstern, die die Verbindung der Wohnräume zur Natur herstellen.

Konnotation mit Fantasygeschichten

1.7.2022

Vor fünf Jahren wäre das Projekt so noch gar nicht herstellbar gewesen. Es wird aus 15 cm dicken, gebogenenen Massivholzplatten gefertigt. Mit einer 13-köpfigen Fräse wird der Stamm innen auf Millimeter präzise gerundet. Der Wohnraum ist mit dunklem Stoff ausgeschlagen, was Geborgenheit auf 28 oder 42 Quadratmetern vermittelt, außen ist der Korpus mit Lärchenschindeln gedeckt. Die Haustechnik ist durchwegs ökologisch: Strom liefern Solarpaneele, die Heizung wird von örtlichen Fernheizkraftwerken angespeist, es gibt eine kompostierende Toilette und eine Wasseraufbereitungsanlage. Jeder Raum wird genutzt, selbst in den Zwischenböden gibt es Kofferablagen und Stauraum.

„Wir haben bei diesem Projekt den Businesscase umgekehrt. Wir hatten weder einen Investor noch einen Klienten. Wir wollten einfach zeigen, was machbar ist und wie wir uns den Bezug zur Natur vorstellen,“ erläutert Rudolf Obauer. Gerade in den großen Städten hätten die Bewohner oft keinen Bezug zur Natur und wüssten deshalb gar nicht, was schützenswert ist.

Die publizistische Resonanz auf Bert war enorm. Journalisten sahen in den an den Enden verglasten Querröhren Ähnlichkeiten mit den einäugigen Minions, andere verglichen die Baumhäuser mit „Hobbithöhlen in den Baumwipfeln.“ Chris Precht findet diese Vergleiche super: „Wir haben unser Ziel erreicht, wenn die Menschen positive Konnotationen mit Märchen und Fantasygeschichten haben, das Kind in uns angesprochen wird.“

Bert ist längst nicht das einzige innovative Projekt, das aus der Precht’schen Kreativwerkstatt kommt. In Tel Aviv planten sie etwa ein Balkonhochhaus mit begrünten Terrassen, die so ineinander verschachtelt sind, dass sie sich gegenseitig maximalen Schatten spenden und in Toronto einen 18-geschoßigen Turm ganz aus Holz. Mit dem „Farmhouse“ entwickelten sie ein Konzept für modularen Wohnbau aus ineinander gefügten Dreiecken, bei dem die Bewohner in vertikalen Gärten ihre eigenen Lebensmittel produzieren können.

Beim Gespräch mit DENK zeigt Chris Precht ein Projekt, das gerade im Entstehen ist. Der Auftraggeber wolle etwas baulich Unvorstellbares realisieren. Ein exklusives Hotel mit aneinander gesetzten Halbkreisen, die sich von oben zu einem Blütenkelch zusammenfügen. In diesen Halbkreisen sind die Zimmer  für gerade einmal 24 Gäste untergebracht. Dazwischen wachsen Bäume, die Schatten spenden und ein perfektes Kleinklima erzeugen. Mehr Natur geht nicht mehr.

Weitere Themen

Möglichst wenig Boden versiegeln
Das Tiny House wurde wie ein Baumhaus als Gegenentwurf zu den Landschaft fressenden Chaletdörfern konstruiert.
Businesscase umgekehrt
„Wir haben bei diesem Projekt den Businesscase umgekehrt. Wir hatten weder einen Investor noch einen Klienten. Wir wollten einfach zeigen, was machbar ist und wie wir uns den Bezug zur Natur vorstellen.“ Rudolf Obauer
Hobbithöhlen in den Baumwipfeln
„Wir haben unser Ziel erreicht, wenn die Menschen positive Konnotationen mit Märchen und Fantasygeschichten haben, das Kind in uns angesprochen wird.“ Chris Precht

Baulich Unvorstellbares realisieren

„Gerade in den großen Städten haben die Bewohner oft keinen Bezug zur Natur und wissen deshalb gar nicht, was schützenswert ist. “

Christian Precht und Rudolf Obauer, Architekturbüro Baumbau

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