Wie es weitergehen sollte in Österreich

Der Politikwissenschaftler, Kommentator, Buchautor, Podcaster und Sportexperte ist weit über Österreichs Grenzen hinaus als scharfsichtiger Analysator des politischen Gefüges bekannt. Mehr als 50 Wahlen hat Univ.-Prof Peter Filzmaier bereits vor der ORF-Kamera kommentiert. In seinem Vortrag in der Areitlounge vor gut 120 Gästen und Mitgliedern des Seebrunner Kreises tat er das, wofür er bekannt ist und geschätzt wird: Er sprach einmal mehr aus, was Sache ist.

Jetzt muss die Politik den Schalter umlegen

09.10.2024

Und so ging es dann auf Einladung der Schmittenhöhebahn und des Seebrunner Kreises zwar auch um die Wahlergebnisse, deren Tendenzen Filzmaier mit Zahlen unterlegte, doch viel mehr auch darum, was jetzt für das Land notwendig wäre.

„Die Wirtschaftsfrage ist entscheidend“, erklärte Filzmaier, der im Wahlkampf jedoch kaum eine konstruktive Auseinandersetzung mit der zukünftig notwendigen Wirtschaftspolitik ortete. Stattdessen war die Wahlauseinandersetzung von ideologischen Zuspitzungen zwischen den Polen Links/Rechts gekennzeichnet, etwa bei Fragen zur Umverteilung, Teuerung, Vermögensverteilung und in der Budgetfrage. Eine sachliche Themendiskussion fand laut Filzmaier nicht statt, wäre aber angesichts der Wachstumsschwäche und der Budgetproblematik dringend notwendig.

Zitate

Wirtschaft als Schlüssel
„Die Wirtschaftsfrage ist entscheidend“, erklärte Filzmaier.
Demokratie in Gefahr
„Wir haben mittlerweile ein Demokratieproblem", warnt der Experte.

Ein spannender Diskussionsabend vor schöner Kulisse auf der AreitLounge.

V.l.n.r.: Dr. Erich Egger (Vorstand Schmittenhöhebahn AG & Vorstandsmitglied Seebrunner Kreis), Univ.-Prof. Dr. Peter Filzmaier (Politikexperte & Geschäftsführer ISA GmbH) und Mag. Philipp Schmölzer (Partner bei Iro&Partners & Kurator Seebrunner Kreis).

Zukunftsoptimismus gefragt

Doch fokussiert sich die schlechte Stimmungslage der Österreicherinnen und Österreicher genau auf die Frage der (wirtschaftlichen) Entwicklung des Landes. Sahen 2019 noch 32% Österreichs Entwicklung negativ, so waren dies 2024 bereits 57%. Zwar neige man hierzulande zum Krankjammern, doch dürfe man nicht die Reihe an Krisen seit 2020 zur Seite schieben, die die Stimmung drücken. „Die Wirtschaft braucht jedoch jetzt Zukunftsoptimismus“, betonte Filzmaier.

Dazu müsste die Politik schnell aus dem Wahlkampfmodus herausfinden und den Schalter umlegen. „Sie muss die ausschließliche Zielgruppenansprache wieder verlernen und in den Koalitionsverhandlungen das für das Land bestmögliche Regierungsprogramm zustande bringen“. Was nicht einfach wird, denn die nächste Regierung steht vor einer „Mängelverwaltung“, mit Einsparungen und geringerem Steueraufkommen.

Da helfe die aktuelle Polarisierung zwischen den Parteien gar nicht weiter und verstärke nur das Dilemma, tragfähige Mehrheiten zu finden. Leider sei Österreichs Politik von einem Kardinalfehler der Negativkampagnen geprägt, stellte Filzmaier fest. Das allseitige Anschwärzen und Vernadern der jeweiligen Partei schädige jedoch die Politik als Ganzes, mehr noch: sie beinträchtige das Vertrauen in die Demokratie, was es zu einem „Problem von uns allen macht“, warnte der Politikforscher: 60% stimmen der Aussage nicht zu, dass im Parlament die Meinungen und Interessen der Bevölkerung repräsentiert werden. Und 30% haben überhaupt Zweifel, ob die Demokratie die beste Regierungsform darstellt. „Wir haben mittlerweile ein Demokratieproblem. Die Demokratie ist jedoch das Wichtigste, was wir haben!“

Univ.-Prof. Dr. Peter Filzmaier präsentierte seine aktuellen Analysen und Gedanken zu Österreichs Politiklandschaft und möglichen Zukunftsszenarien.

Der Wahlkalender dominiert

Doch welche Regierung bekommen wir? Das bleibt vorerst offen. Bekanntlich hat der Bundespräsident am Mittwoch die Parteien zu weiteren Sondierungen beauftragt. Ein Auftrag zur Regierungsbildung wurde vorerst nicht erteilt. Den gibt es übrigens auch rechtlich gar nicht, sondern ist nur oft geübte Usance, klärte Filzmaier auf. Daher sind nun Gespräche angesagt, um aus der Patt-Situation herauszufinden.

Doch realistischerweise wird auch in der Frage der Regierungspolitik die Taktik zählen, „der Wahlkalender dominiert“, stellte Filzmaier klar. So ist ein Ergebnis vor der steirischen Landtagswahl am 24. November kaum zu erwarten, möglicherweise auch nicht vor der burgenländischen Landtagswahl (19. Jänner) und den Gemeinderatswahlen am 26. Jänner in Niederösterreich. Auch in welcher Kombination Österreich die nächsten fünf Jahre regiert wird, muss offen bleiben: FPÖ-ÖVP? ÖVP-SPÖ-Neos? Andere, jedoch unrealistische Formen? Ob die bisherigen Festlegungen, wer mit wem sicher nicht zusammenkommen könne, halten, das bleibt den Gesprächen vorbehalten. Filzmaier: „Beim Reden kommen die Leut‘ zusammen!“. Daher heißt es abzuwarten, auch wenn die Zeit angesichts der Budgetlage und der großen Fragen dränge.

Leichter, als die Nebel der Regierungsbildung zu lichten, hatte es Peter Filzmaier   am Ende seines Vortrages. Auf die abschließende Frage von Schmittenhöhebahn-Vorstand Dr. Erich Egger, wer denn spanischer Fußballmeister wird, kam es vom Fußballfan wie aus der Pistole geschossen: „FC Barcelona, FC Barcelona, FC Barcelona!“. Steht nur zu hoffen, dass auch Österreichs regierungsfähige Parteien demnächst den Ball ins Tor der Regierungsbildung befördern!

Fotos: © nikolaus faistauer photography

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