Venture Capital

Die Wirtschaft trübt sich auch hierzulande ein. Deutschland rutscht in eine Rezession. Die Sorgen in den Unternehmen wachsen. Doch besser ist es, nach vorne zu blicken und die richtigen Maßnahmen zu setzen. Diese Aufgabe hat am Montag, den 11. September, der Seebrunner Kreis übernommen. Mit prominenter Unterstützung durch Finanzminister Magnus Brunner und Experten zum Thema Venture Capital. Fazit der jüngsten Ausgabe von „Talk im Turm“: „Die Politik muss noch mehr für das Risikokapital tun!“

Risikokapital: Noch Luft nach oben

13.09.2023

Seit mehr als einem Jahr beschäftigt sich Salzburgs wirtschaftspolitischer Vordenker-Club mit dem Thema Venture Capital, bzw. mit der Frage, wie man die Szene der innovativen Start-ups noch besser unterstützen könnte, berichtete Kurator Mag. Philipp Schmölzer in seiner Begrüßung vor den zahlreich erschienenen Mitgliedern des Seebrunner Kreises. Man habe viele Gespräche geführt, die zeigten, dass in Sachen Risikokapital als Finanzierungsinstrument für Gründer noch einiges zu tun wäre. Mit dem aktuellen „Talk im Turm“, der in bewährter Kooperation mit der Salzburger Sparkasse veranstaltet wurde, führe man nun Politik und Praxis zusammen.

Einiges auf den Weg gebracht

Moderator Prof. Mag. Harald Ronacher, der frühere Kurator des Seebrunner Kreises, sorgte mit seiner bewährten Moderation dafür, dass sich die prominente Talk-Runde tatsächlich an den praktischen Notwendigkeiten von Start-ups orientierte. Es wurde Klartext gesprochen, etwa von IV-Präsident Peter Unterkofler: „In Österreich haben wir grundsätzlich risikoaverse Finanzierungsformen. Es gibt aber Geschäftsfelder, in denen die Gründerinnen und Gründer auf Risikokapital angewiesen wären“. Man könne und müsse jedenfalls mehr für den Kapitalmarkt tun. Mag. Christoph Paulweber, Vorstandsvorsitzender der Salzburger Sparkasse, bekräftigte: „Wir brauchen Risikokapital als Ergänzung zum Kredit!“.

In Sachen Kapitalmarktbelebung seien allerdings schon einige Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, erklärte Finanzminister Dr. Magnus Brunner in seinem Statement. Brunner erwähnte etwa die steuerliche Begünstigung von Mitarbeiterbeteiligungen, die Schaffung der „Flexiblen Kapitalgesellschaft“, etwa für Gründungen, oder die Durchsetzung eines Wagniskapitalfonds, der das Eigenkapital von Unternehmen stärken soll und sich vorrangig an institutionelle Anleger wendet. Er setze sich außerdem besonders für KESt-Befreiung bei längerer Behaltefrist von Wertpapieren ein. Das Investieren in Wertpapiere soll für die breite Masse attraktiver gemacht werden. „Wir wollen damit eine Art Vorsorgedepot ermöglichen. Das würde den Kapitalmarkt und der privaten Vorsorge helfen“, stellte Brunner fest. Die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner sind allerdings noch nicht abgeschlossen.

Magnus Brunner nutzte auch die Gelegenheit, noch einmal auf den Tisch zu legen, was die Bundesregierung in den vergangenen beiden Jahren alles an steuerpolitischen Maßnahmen gesetzt hat – eine umfangreiche Liste, die von der Steuerreform mit der Entlastung der Tarifstufen über die Senkung der Körperschaftssteuer bis zur Abschaffung der kalten Progression reicht. Allein Letztere werde 2024 eine Entlastung von 3,6 Mrd. Euro bringen. Doch ortet der Finanzminister auch das Aufflackern eines neuen Ungeistes, der Gewinne und Kapitalmarkt als „böse“ verunglimpfe. Das dürfe man so nicht stehen lassen.

Zitate

Ohne Risikokapital geht es nicht
„In Österreich haben wir grundsätzlich risikoaverse Finanzierungsformen. Es gibt aber Geschäftsfelder, in denen die Gründerinnen und Gründer auf Risikokapital angewiesen wären“, so Peter Unterkofler.
Es brauch mehr als Kredite
„Wir brauchen Risikokapital als Ergänzung zum Kredit!“, stellte Mag. Christoph Paulweber fest.
KESt-Befreiung und andere Maßnahmen
Das Investieren in Wertpapiere soll für die breite Masse attraktiver gemacht werden. „Wir wollen damit eine Art Vorsorgedepot ermöglichen. Das würde den Kapitalmarkt und der privaten Vorsorge helfen“, stellte Bundesminister Dr. Magnus Brunner fest.
Ohne Risikokapital keine Transformation
„Wir werden die große Transformation unserer Wirtschaft, die in aller Munde ist, nur schaffen, wenn wir mehr in Start-ups investieren. Dort entstehen viele neue Ideen, die wir dringend brauchen“, erklärte Mag. Werner Wutscher.
Auch lokale Maßnahmen braucht es
„Hier sollte man etwas aufbauen. Salzburg sollte die Startup-Szene mehr nach vorne bringen“, so Dr. Clemens Brunner.
Hausaufgaben für die Politik
„Die Frage treibt uns an, wie wir in Salzburg die Risikofinanzierung verbessern können. (...) Wir müssen jetzt am Standort Salzburg unsere Hausaufgaben machen!", erklärte LH-Stv. Mag. Stefan Schnöll.

Eine hochkarätige Runde machte deutlich, dass in Sachen Venture Capital noch einige Hausaufgaben zu erledigen sind. Im Bild von links: Moderator Prof. Mag. Harald Ronacher, Dr. Clemens Brunner, CEO sproof, Mag. Werner Wutscher, CEO New Venture Scouting, Bundesminister Dr. Magnus Brunner, MMag. Ingo Bleiber, Vorstand Erste Group, Dr. Peter Unterkofler, Präsident der IV Salzburg.

Kein Lamento über Österreich

Es sei aber auch die Ansicht unzutreffend, dass in Sachen Kapitalmarkt, Venture Capital und Startup-Finanzierung alles im Argen liege, meinten sowohl MMag. Ingo Bleier, Erste Group Vorstand für Corporate Banking & Markets, als auch Mag. Werner Wutscher, Business Angel und CEO von New Venture Scouting. Österreich sei nicht mehr das Land der Wertpapier-Muffel, der Anteil der Wertpapiere im Anlage-Mix steige, berichtete Bleier. Auch sei die Erste Group einer der größten Investoren in Fonds. Doch brauche es dringend bessere steuerliche Rahmenbedingungen für Venture Capital.

Auf letztgenannte machte Werner Wutscher aufmerksam. So bekomme jeder Investor in England, der in Start-ups investiere, massive Steuererleichterungen von bis zu 100% seines Investments. Scheitert das Start-up, gibt es 50% Nachschlag. In Deutschland wird dem Investor ein großzügiger Zuschuss vom Staat gewährt. England und Deutschland haben sich damit zu den führenden Ländern in Sachen Startup-Finanzierung aufgeschwungen – und damit auch Ideen, Know-how und Chancen im Land gehalten. Werner Wutscher: „Wir haben hier noch keine wirtschaftspolitische Linie.“ Folglich ist Österreich am Sektor Venture Capital international weit abgeschlagen.

Dennoch gäbe es keinen Grund für ein Lamento: Das Öko-System für Gründerinnen und Gründer sei in den vergangenen Jahren enorm gewachsen, gerade auch in Salzburg, etwa mit der Plattform „Startup Salzburg“. Es gibt zudem laut Wutscher kaum ein Land in Europa, in dem so viel Geld für die Frühphasenfinanzierung von Startups fließt, wenngleich es für die Phasen danach düster aussieht. Doch wie er weiter feststellt, „braucht es steuerliche Incentives für Leute, die in Start-ups investieren. Wir müssen das private Geld mobilisieren!“.

Österreichs Finanzminister Magnus Brunner zu Gast im Seebrunner Kreis: „Wir haben bereits Einiges auf den Weg gebracht.“

Die Hausaufgaben machen

Auf dieses hätte auch Dr. Clemens Brunner, Mitbegründer des Salzburger Startups sproof, gehofft. Das Unternehmen, das derzeit mit einer Neuerfindung der digitalen Signatur reüssiert, ist mit seinem Business-Modell auf Investments angewiesen. „Salzburg war jedoch dafür zu klein“. Was in der Diskussion mit dem Publikum auch zum Vorschlag führte, doch das „Onboarding“ von möglichen Investorinnen und Investoren als auch von innovativen Gründerinnern und Gründern in Salzburg zu erleichtern. So appellierte Clemens Brunner: „Hier sollte man etwas aufbauen. Salzburg sollte die Startup-Szene mehr nach vorne bringen“.

Dies hat, neben anderen Projekten, auch der neue Salzburger Wirtschaftslandesrat LH-Stellv. Mag. Stefan Schnöll vor: „Die Frage treibt uns an, wie wir in Salzburg die Risikofinanzierung verbessern können“. Das sollte unter anderem mit der Schaffung eines neuen Beteiligungsinstrumentes für risikoaffinere Finanzierungen gelingen. Stefan Schnöll: „Wir müssen jetzt am Standort Salzburg unsere Hausaufgaben machen!“

Dass die Diskussion um Start-ups und ihre notwendige Finanzierung über Risikokapital keine rein finanztechnische Angelegenheit darstellt, machte Werner Wutscher noch einmal deutlich: „Wir werden die große Transformation unserer Wirtschaft, die in aller Munde ist, nur schaffen, wenn wir mehr in Start-ups investieren. Dort entstehen viele neue Ideen, die wir dringend brauchen“.

 

Fotos: Manuel Horn Photography

Talk im Turm – ein erfolgreiches Format des Seebrunner Kreises in Kooperation mit der Salzburger Sparkasse. Im Bild von links: Mag. Christoph Paulweber, Vorstandsvorsitzender der Salzburger Sparkasse, Mag. Philipp Schmölzer, Kurator des Seebrunner Kreises.

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